Donnerstag, 24 Februar 2022

Covid-Zwischenbilanz

Verzeihen Sie bitte, dass ich Ihnen schon wieder so lange Zeilen schreibe, aber ich muss Ihnen ein paar leider sehr schwierige Dinge erzählen. Ich hoffe, ich lerne es noch mich kurz zu fassen, aber auf der anderen Seite, haben es doch einige von Ihnen auch schon zu schätzen gelernt, dass man mit mir auch längere Gespräche zu schwierigen Themen führen kann. Ich kann wohl nicht anders.

Ich darf den Zwischenstand zu Covid19 in unserer Ordination bekanntgeben:

Wir haben in etwa 1.000 Covid-Impfungen in unserer Ordination selbst durchgeführt. Meines Wissens trat dabei keine einzige schwere Nebenwirkung oder Langzeitfolge auf. Wenn dem nicht so ist, lassen Sie es mich bitte wissen, auch zu den nachfolgenden Dingen. Lediglich bei einem Patienten, der anderswo und mit AstraZeneca geimpft wurde, wird überprüft, ob eine anschließende Erkrankung etwas mit der Impfung zu tun haben könnte.

Im Spital selbst mussten einige unserer PatientInnen wegen Covid19 stationär behandelt werden, alle ungeimpft, sei es, weil es noch keinen Impfstoff gab oder man darauf verzichtete.

Kein Patient unserer Ordination landete auf der Intensivstation oder verstarb an Covid19 unseres Wissens, weder geimpft noch ungeimpft. Allerdings zahlreiche Verwandte und Freunde. In manchen Familien ging es schrecklich zu. Dass wir so gut davonkamen, wird wohl auch daran liegen, dass fast alle Patienten unserer Ordination, die auch nur geringermaßen zu einer Risikogruppe zu rechnen sind, geimpft sind, 3x! Ich hoffe, wir können diesen Kurs fortsetzen.

Ich klammere mich an die Hoffnung, dass meine vielen Worte, wie diese hier, die Sie die ganze Pandemie lang erhalten haben und Ihnen näherbrachten, warum und wie man sich zu schützen weiß, doch auch mithalfen, Schlimmeres zu vereiteln. Sicher half auch ein niederschwelliges Impfangebot unserer Ordination das zu erreichen. Wir werden es fortführen, sowie auch – sofern wir sie bekommen – alle neuen Impfstoffe anbieten. So der Plan.

Wie geht es mit der Pandemie weiter?

Für mich selbst war und ist das alles eine emotionale Zeit. Manches davon habe ich Ihnen ja in der Ordination oder in meinen digitalen Briefen erzählt.

Immer noch betrübt es mich, wie aus dem Kampf gegen das Virus ein Streit unter uns Menschen geworden ist.

Deshalb sind auch gestern, wie jeden Tag wieder etliche Menschen in Österreich an Covid verstorben. Wohl alle ungeimpft oder mit einem schwachem Immunsystem, die wohl mehr Geimpfte um sich gebraucht hätten, um sich zu schützen oder eine vorbeugende Antikörperinfusion.

Mich erinnert diese ganze Impfpflichtdebatte an den Piloten eines Rettungshubschraubers, der über ein Überschwemmungsgebiet fliegt und nach Überlebenden Ausschau hält. Schließlich findet er am Dach eines Hauses einen Menschen und möchte ein Seil herablassen, um ihn zu bergen. Doch stattdessen beginnt der Mensch am Dach zu fluchen, schreit, dass er sich nicht deportieren lassen will, dass das alles eine gemeine Aktion der Regierung ist und er überhaupt Angst vor dem Fliegen habe, weil Hubschrauber ja auch immer wieder abstürzen. Er möchte sich lieber auf die Kräfte seines Körpers verlassen und wenn ihm das Wasser bis zum Halse steht, lieber ans trockene Land zu schwimmen versuchen, gegen die starke Strömung des über die Ufer getretenen, reißenden Flusses, der gerade alles verwüstet. Der Pilot hört sich ernst und geduldig die Sorgen an, während die Überschwemmung schon Teile des Daches unter Wasser setzt. Plötzlich fällt ihm die blinkende Warnung über der Tankanzeige auf: Der Sprit ist bald leer. Viel Zeit bleibt nicht mehr. Soll er ihn zurücklassen? Er fragt sich: Ist es Gewalt oder Mitgefühl, einen Menschen gegen seinen Willen retten zu wollen?

Bevor Sie vielleicht so etwas sagen, wie: „Man soll niemanden zu irgendwas zwingen“ oder „jeder ist seines Schicksals Schmied“ oder „ich lass mich nicht beschimpfen“ oder gar: „Was geht mich das an?“, stellen Sie sich bitte vor, Sie fliegen tatsächlich diesen Hubschrauber und Sie wissen, wenn Sie jetzt abdrehen und wegfliegen, ist dieser Mensch seinem Schicksal überlassen. Es könnte sein, dass Sie zögern und merken, dass das gar nicht so leicht ist, jemanden zurückzulassen. Was hindert Sie denn? Vielleicht ist es dieses unterschätzte und so wichtige Etwas namens Menschlichkeit, dass man den anderen noch nicht aufgeben hat, obwohl dieser einen schon aufgegeben hat. Nur wo endet diese und muss dem Selbstschutz weichen?

In der Delta-Welle im Herbst 2021 starben in etwa 3.000 Menschen in Österreich. Wohl weit über 90% der Toten hätten leicht durch die Impfungen verhindert werden können. Jetzt, die laufende Omikron-Welle wird bald 1.000 Tote zu verzeichnen haben. Wohl weit über 90% der Toten würden auch diesmal sich durch die Impfungen oder durch vorbeugende Antikörperinfusionen verhindern lassen.

Für mich als Arzt löst die Impfplicht-Debatte im besten Fall nur Kopfschütteln aus, denn der wichtigste Gedanke fehlt mir.

Ob der Sinn der Impfplicht lediglich darin besteht, dass man so Intensivstationen vor dem Kollaps bewahren oder einen Lockdown vermeiden kann, um die Wirtschaft zu schonen?

Oder besteht der Sinn eigentlich darin, dass man tausende Tote und zigtausende (Schwer-)Kranke vermeiden kann? Alleine am Vortag des Schreibens starben wieder 44 Menschen an Covid in Österreich.

Ich möchte hier nicht mit dem moralischen Zeigefinger herumfuchteln, oder für eine Seite Partei ergreifen, sondern Ihnen nur das Dilemma zeigen, in dem wir uns befinden.

Verzichten wir auf die Impfplicht und nehmen wohl weitere tausende Tote in Kauf oder streiten wir die Impfpflicht durch?

Man darf mir aber als Arzt vorwerfen, dass ich mich für das Impfen einsetze. Man darf mir vorwerfen, dass ich nie zur Gänze alle Einwände gegen das Impfen anerkennen kann, weil diese doch nie auf Tatsachen beruhen. Man kann mir vorhalten, dass ich auch emotional dabei werde. Aber ich habe schon (zu) viele Menschen trösten müssen. Diese Erfahrungen prägen auch mich.

Ich möchte Ihnen aus meinem Alltag erzählen:

Es gab Tage, da war mein erster Patient jemand, der einen geliebten Angehörigen an Covid verloren hat, voller Trauer und Depressionen. Ich war froh, dass dieser Mensch sich mir gegenüber öffnete und von sich zu erzählen begann. Der nächste Patient, der zu mir hereinkommt, jemand der keinerlei Sinn im Corona-Impfen sieht und gar nicht darüber reden will. Der übernächste ein Teenager, der auch Monate nach der Corona-Erkrankung nicht wieder ins Leben zurückkommt. Nach ein paar Schritten tritt die völlige Erschöpfung ein, kann kaum das Haus verlassen. Zeichen der Depression zeigen sich zunehmend. Danach ein älterer Mensch, der mir erzählt, die Impfungen sind dazu da die Menschheit zu vergiften und zu dezimieren und mich ernsthaft davon überzeugen will, dass ich quasi zum Mittäter geworden bin. Ein Kollege schreibt mir dazwischen eine Nachricht, dass er von einem Impfgegner auf der Straße beschimpft wurde, der ihn als Arzt erkannte.

Das wohl größte österreichische Ärzteforum mit 3.500 Ärzten, wo wir intensiv über Corona diskutiert haben, wurde von Covid-Leugnern und Medien dermaßen angegriffen, dass es vorletzte Woche geschlossen wurde. Ich bin sicher, dass der Austausch dort vielen Patienten das Leben verbessert und gerettet hat, doch für die Gegner war es natürlich ein Feindbild. Ich muss sagen, es hat mich in vielerlei Hinsicht erschüttert, dass es schon so weit gekommen ist. Doch wenn die Namen und Aussagen von Ärzten, die sich für das Impfen einsetzen in rechtsradikalen Gruppierungen und Medien herumgereicht, zerrissen und dämonisiert werden ist eine Schmerzgrenze erreicht.

Auf Anti-Impfdemos werden Ärzte als Faschisten beschimpft. Ich meide sie kilometerweit. Das Bundesministerium für Inneres schickt uns einen Warnbrief, wie wir Ärzte uns schützen, wie wir uns verstecken oder auch Sicherheitsfirmen anstellen sollen. Polizisten besuchen unsere Ordination, um uns zu warnen. Ein Kollege schreibt in einem Forum, er musste gerade die Polizei rufen, weil ein Covidleugner in seiner Ordination tobte. Bei einem anderen wurde die Ordination in Wien mit Neonazi-Parolen beschmiert, seine Frau sitzt zu Hause und weint.

Es gibt aber auch nach wie vor noch völlig „normale“ Tage. Ich habe sie zu lieben gelernt.

Doch ich bemerke bei meinen Kollegen und mir, dass das etwas mit uns macht, das nicht gut ist. Ich verstehe es, wenn man sich als Arzt zurückziehen will, vorsichtiger wird und weniger über Corona oder das Impfen mit seinen Patienten reden will. Das alles, obwohl wir wissen, dass wir doch nur Gesundheit und Menschenleben mit unserem Tun retten wollen.

Ein Polizeischutz für Impfordinationen wird gefordert. Sie haben es vielleicht in den Nachrichten gehört. Soll das jetzt die Lösung sein, dass wir Ärzte uns bewaffnen? Mit einer kugelsicheren Weste statt unseren weißen Mänteln und einer Schrotflinte umgehängt, statt einem Stethoskop nun in Ambulanzen und Ordinationen sitzen? Sollen Krankenschwestern mit Elektroschockern statt Fieberthermometern ausgerüstet werden?

Wie konnte es so weit kommen?

Einer der Gründe ist, dass die Wissenschaft seit jeher für viele Gruppierungen als eine Art feindliche Ideologie betrachtet wird. Ein anderer, dass sich viele durch die schützenden Maßnahmen in ihrer Freiheit bedroht sehen. Auf letzteres möchte ich hier eingehen.

Die Grund- und Freiheitsrechte, die wir Menschen geschaffen haben, wurden geschaffen, um Menschen vor Menschen zu schützen, nicht Menschen vor Viren. Das können sie nicht. Wie auch? Viren ist das alles egal, denn für sie sind wir lediglich Nahrung. Ob wir nach mehr Menschenrechten schreien oder nicht, die Viren werden jede Chance nützen, während wir streiten.

Dabei sehe ich mich in gewisser Weise in meiner unmittelbaren Arbeit als Arzt von politischen Geschehnissen entbunden. Keine Sorge, ich zahle meine Steuern und bin gesetzestreu.

Ich meine damit Folgendes:
Es ist belanglos für mich, wenn wir zusammen in meiner Ordination sitzen, welche Partei gerade an der Macht ist und was diese glaubt oder nicht, was welcher Politiker will oder nicht. Ich schaue mir aber die Daten an, was Medikamente oder Impfstoffe leisten können oder nicht. Gerade in einer Krise ist es absolut notwendig, objektiv und entlang von wissenschaftlichen Tatsachen und Erkenntnissen handeln zu können.

Deshalb weiß ich, das Impfen rettet Leben. Wer freiwillig zu mir zum Impfen kommt, den impfe ich gerne.

Ich selbst würde aber niemals einen Menschen unter Gewaltanwendung impfen. Alles in meinen Räumlichkeiten passiert freiwillig. Auch ich handle freiwillig, auch wenn ich manchmal unglücklich bin, wie die Dinge laufen und mir vieles anders wünschen würde.

Man soll demonstrieren gehen, wo man sich benachteiligt und unterdrückt sieht. Man muss aber, bei all der vielen, berechtigten Kritik an der Regierung eines anerkennen: Das Wichtigste hat sie uns verschafft.

Sie hat in großen Mengen Impfstoffe beschafft, so viele, dass wir sie wegwerfen und deshalb zurecht von der UNO gescholten werden. Für alle Menschen, die keinen Impfschutz aufbauen, gibt es vorbeugend kostenlose Antikörperinfusionen gegen Covid in spezialisierten Spitalsambulanzen.
Es gibt überall Masken mitunter gratis zu bekommen und in Wien ein kostenloses Testangebot, wo Sie sich immer noch dreimal täglich testen können, wenn Sie wollen.

Milliarden Menschen in ärmeren Ländern beneiden uns für all das, denn niemand müsste – mit ein bisschen Glück - mehr in Österreich an Covid sterben. Es ist bestürzend, dass es nicht so ist.

Verstehen Sie mich bitte richtig, das ist keine politische Aussage von mir. Ich empfehle Ihnen nicht irgendeine Partei zu wählen oder der Regierung zu applaudieren. Ich empfehle Ihnen lediglich die Angebote zu nutzen und teile sie Ihnen aus, um Ihre Gesundheit und Ihr Leben und das Ihrer Liebsten zu schützen, um das Sterben an dieser Krankheit zu beenden. Dadurch mache ich mich aber für die Gegner von Regierung, Wissenschaft, Pandemie und Impfungen angreifbar. Wie tragisch das doch ist!

Wie denke ich darüber eigentlich?

Ich behandle Ungeimpfte, Teilgeimpfte und Vollgeimpfte gleichermaßen. Ich behandle auch Untergewichtige, Normalgewichtige und Übergewichtige gleichermaßen. Für mich ist es als Arzt mein Beruf, Menschen zu einem gesünderen Leben zu verhelfen und dabei ist es unerlässlich, dass ich Ihnen genau erkläre, wie man dahinkommt, was die Vorteile sind, warum man dieses oder jenes tun sollte oder nicht. Das eine kann der Gesundheit schaden, das andere zu ihr verhelfen, auch wenn Sie es vielleicht nicht immer hören wollen. Doch ich kann nicht jemand sein, der zu allem Ja und Amen sagt.

Ich bin als Arzt moralisch neutral, aber nicht fachlich. Ich verurteile niemanden für seine gesundheitlichen Einstellungen und sonstigen Entscheidungen, auch wenn Sie mich manchmal zum Schwitzen bringen. Aber ich habe eine professionelle Ansicht, was Ihrer Gesundheit schadet und was nicht. Dafür bezahlen Sie mich ja.

Doch, während Sie diese wie immer viel zu langen Zeilen von mir lesen, ist wohl wieder ein oder gar schon ein zweiter ungeimpfter/ungeschützter Mensch wieder an Covid in Österreich verstorben und es ist die Gesundheit etlicher anderer durch das Virus zerstört worden.

So viele Worte und zuletzt möchte ich Ihnen einen letzten Satz mitgeben:

Wir dürfen nicht zurückweichen, ängstlich oder müde werden, bei den Tatsachen zu bleiben, egal was kommt.

Ihr Doktor,

Dr. Werner-Heinz Kállay

Ordinationszeiten

Montag 13.00 - 17.00 
Dienstag 10.00 - 13.00
Mittwoch 15.00 - 19.00
Donnerstag 9.00 - 13.00
Freitag 9.00 - 13.00

Alle Kassen und privat

Termine empfohlen

Kontakt

Tel.: 01/774 62 44
Fax: 01/774 62 44 DW 20
@: ordination@kallay.at
Web: www.kallay.at
Adresse: 
Gartenheimstraße 15, 1220 Wien

Cookies